Mit Brief und Siegel
Die Stadt Freudenberg und seine Fachwerk-Silhouette haben internationale Bekanntheit erreicht. Doch der Anblick, den wir kennen, hat einen langen Weg und zwei Wiederaufbauten hinter sich. 1666 gab es den zweiten verheerenden Stadtbrand, der nicht nur Bauwerke, sondern auch für die Stadt bedeutende Schriftstücke, wie etwa das Flecken-Privileg vernichtete. 21 Jahre nach dem Brand baten die Bewohner des Fleckens – Flecker – ihren Landesherren, die zugesprochenen Privilegien erneut zu bestätigen. So kam es, dass Fürst Wilhelm Moritz zu Nassau-Siegen jene Urkunde anfertigen ließ.
Gut geschützt wurde das Original mit der Bestandsnummer A1 im Stadtarchiv Freudenberg verwahrt.

Nun soll es in der Veranstaltungsreihe „350 Jahre Stadtbrand“ der Bevölkerung vorgestellt werden. Bevor dies passierte, musste das brisante Fundstück professionell eingerahmt werden. Dieser Herausforderung stellten sich das 4Fachwerk Museum in Zusammenarbeit mit Halbe-Rahmen.
09.06.16 – Herr Brandemann und Herr Theis betreten das Gebäude mit dem Zeitdokument. Vor Ort soll es konservatorisch in kurzer Zeit gerahmt werden – soweit die Theorie. Das Dokument, der Freiheitsbrief ist nicht eine irgendwie gefaltete Pergament-Urkunde, sondern tatsächlich verkordelt mit einer aus Nussbaum-Holz gefertigten Siegel-Kapsel, in die der Wachsabdruck des Wappens des Nassauer Fürsten eingelegt ist. Ein Rahmen, der dieses wertvolle dreidimensionale Dokument gekonnt in Szene setzt und es vor UV-Strahlen und unberechtigtem Abnehmen schützt sowie Halt gibt, muss erst noch gebaut werden. Doch die Sonderanfertigung mit 25mm Distanz wartete schon auf sein Objekt.

Zunächst galt es das wertvolle Dokument passend in den Rahmen auszurichten. Schon das stellt sich als komplex dar, denn die Kannten des Schriftstückes sind keineswegs rechtwinkelig, weshalb letztlich die Linien des größten Schriftblockes als Parallele zu den oberen und unteren Rahmenkanten gewählt wurden. Der erhöhte durch eine Leiter ermöglichte Blick von oben gab den visuellen Ausschlag.

Durchsichtige Eck-Taschen, in die das Papier vorsichtig eingeschoben wird und der „Statik“ des Urkundenmaterials oben und seitlich angepasste Halterungen ermöglichen dann die Fixierung. Alle Teile mussten in Handarbeit auf die jeweilige Beschaffenheit der Urkunde zugeschnitten und der Kordelaustritt für die Siegelkapsel zusätzlich unterlegt werden.

Eine Herausforderung für die passende Proportion stellte zusätzlich die Siegel-Kapsel dar, die als quasi eigenständiger Kubus durch Farbe, Massivität und Form einen spezifischen Akzent setzt. So musste sie mit Halterungen aus Stahlstiften versehen werden, um den Brief nicht mit dem Gewicht nach unten zu ziehen.

Format und kalligraphische Gestaltung des Textes lassen die Bedeutung des Dokumentes bewusst – und jetzt durch die gelungene Form der Präsentation im Bilderrahmen – auch für die Betrachter erkennbar werden. – Ausstellungs-Kurator Gottfried Theis –